Das Projekt
Unser Forschungsverbund De:link // Re:link – Lokale Perspektiven auf transregionale Ver‐ und Entkopplungsprozesse basiert auf einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekt (Laufzeit 1. April 2021 – 31. März 2024). Wir sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) Berlin, des Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC) und des Leibniz-Zentrums Moderner Orient (ZMO) Berlin. Wir arbeiten aus verschiedenen Disziplinen und mit gebietskundlicher Expertise aus verschiedenen Regionen an der Belt and Road Initiative (BRI).
Die BRI, die 2013 von Präsident Xi Jinping initiiert wurde, ist ein groß angelegtes Infrastrukturprojekt der Volksrepublik China, das China mit Ländern in Asien, Afrika und Europa verbinden soll. Bei der Bewerbung der BRI wird regelmäßig auf die „Alten Seidenstraßen“ als historisch erfolgreiches Beispiel für den transkulturellen Handel und Austausch von Waren und Ideen verwiesen. Der gegenwärtige geopolitische und geokulturelle Vormarsch der Volksrepublik macht die BRI zu einem Element von Chinas „Neuen Seidenstraßen“.
Aus der Perspektive der Regionalstudien untersuchen wir die Kopplungs- und Entkopplungsprozesse, die im Zuge des Projekts Neue Seidenstraßen auftreten. Wir konzentrieren uns insbesondere auf die folgenden Fragen:
- Welche lokalen Perspektiven, Antworten, Reaktionen, Einschätzungen, Initiativen und Mobilisierungen zeichnen sich im Zusammenhang mit dem transregionalen Projekt BRI ab?
- Wie wird Asien-Afrika-Europa im Zusammenspiel vieler verschiedener Akteure - politisch-institutionell, sozioökonomisch, kulturell, sprachlich und strategisch - neu konfiguriert und strategisch verbunden?
- Wie und mit welchen Mitteln spielt sich der Wettbewerb der - nicht nur wirtschaftlichen - Entwicklungsmodelle, Narrative, Institutionen und Strategien in diesem Raum ab?
Ebenso sind wir an den (kultur-)politischen Implikationen der BRI interessiert, z.B. im Hinblick auf die deutsche und europäische Politikgestaltung und das politische Agenda-Setting.
Thematische Linien
Mit De:link // Re:link verlassen wir die oft enge geopolitische und ökonomische Interpretationsebene, die derzeit die Forschung zur BRI dominiert, und stellen die Expertise der Regionalforschung als analytische Grundlage in den Vordergrund. Das Forschungsprojekt ist in drei miteinander verknüpfte thematische Linien (TL) unterteilt. Diese dienen als übergreifende und strukturierende Ansätze und führen verschiedene Einzelforschungsprojekte zusammen.
TL1 Kulturpolitik der Infrastruktur in Asien und Afrika: Die Verhandlung von transregionalem gemeinsamen und lokalem Kulturerbe
Unter Berücksichtigung bestehender und neuer Machtverhältnisse untersucht die Themenlinie 1 Verbindungen und Trennungen in Bezug auf materielle und immaterielle Kulturen und kulturelles Erbe im Kontext der BRI. Die einzelnen Projekte beschreiben und analysieren, wie Kulturpolitik in verschiedenen Regionen Asiens und Afrikas gestaltet und verhandelt wird. Welche Wechselwirkungen lassen sich vor dem Hintergrund der BRI-bezogenen Projekte zwischen den verschiedenen lokalen, regionalen und nationalen Kulturpolitiken erkennen? Wie äußern sie sich? Welche neuen und alten kulturellen (Infra-)Strukturen und geokulturellen Regionen entstehen oder verändern sich dadurch?
Mitglieder:
Dr. Jamila Adeli (HU),Prof. Jeanine Dagyeli (Universität Wien), Prof. Eva Ehninger (HU), Prof. Susanne Gehrmann (HU), Daniel Koßmann (HU), Prof. Aldin Mutembei (Universität Dar es Salaam), Prof. Nadja-Christina Schneider (HU), Fiona Smith (HU), Prof. Manja Stephan-Emmrich (HU) and Tanya Talwar (HU)
TL2 Sprachökologien im Wandel: Wechselwirkungen zwischen sprachlicher, kultureller und sozialer Dynamik
Themenlinie 2 konzentriert sich auf Mehrsprachigkeit und Sprachhierarchien als Ansätze für den Zugang zu lokalen Perspektiven und Wissen über die BRI. In Anbetracht der Tatsache, dass die sprachliche Artikulation lokaler Perspektiven ein identitätsbildender und dynamischer Teil der Kultur ist, ist eine regionalwissenschaftliche Betrachtung besonders aufschlussreich, um den transregionalen Wandel zu verstehen. Mittels (sozio-)linguistischer Analysen von Sprachdynamiken werden lokale, regionale und nationale Perspektiven auf Veränderungsprozesse beobachtet und artikuliert, was wiederum neue Zugänge und Erkenntnisse zu bestehenden und neu entstehenden Kulturen generiert.
Mitglieder:
Dr. Linda Ammann (HU), Prof. Adams Bodomo (Universität Wien), PD Dr. Katrin Bromber (ZMO), Prof. Jeanine Dagyeli (Universität Wien), Dr. Andrey Filchenko (Nazarbayev Universität), Prof. Henning Klöter (HU) and Prof. Aldin Mutembei (Universität Dar es Salaam)
TL 3 Bruchlinien im Gesellschaftsvertrag: (Trans-)lokale Re- und Entsolidarisierung
Soziale Strukturen verfestigen sich in formalisierten, aber oft auch unausgesprochenen „Verträgen“ (Gesellschaftsverträgen) zwischen Staat und Gesellschaft und haben eine erhebliche anhaltende Macht. Die einzelnen Forschungsprojekte in der Themenlinie 3 befassen sich mit den lokalen Auswirkungen von massiven überregionalen Infrastrukturprojekten: Wie greift die BRI in die lokalen gesellschaftlichen Strukturen ein? Da die „neue“ soziale Komplexität im transregionalen Raum der BRI noch keine verallgemeinerten Aussagen darüber zulässt, wie sich große Infrastrukturprojekte auf soziale Verträge auswirken, werden sie durch die Linse der lokalen Perspektiven analysiert. Der Fokus liegt also auf den Transformationen und Kontinuitäten, die Großprojekte wie die BRI auf lokaler Ebene auslösen. Welche Anpassungs- und Aushandlungsprozesse von Sozialverträgen lassen sich empirisch identifizieren – und mit welchen Konzepten?
Mitglieder:
Nadia Ali (BICC), Prof. Sarah Eaton (HU), Dr. John Njenga Karugia (HU), Prof. Kai Kresse (ZMO), Valentin Krüsmann (ZOiS), Dr. Julia Langbein (ZOiS), Dr. Katja Mielke (BICC), Dr. Beril Ocakli (ZOiS), Prof. Dr. Conrad Schetter (BICC), Kadara Swaleh (ZMO)
Alle drei TL befassen sich mit unterschiedlichen Analyseebenen in Bezug auf sozioökonomische, politisch-institutionelle und kulturelle/kulturpolitische (Ideen, Sprache, kulturelle Codes usw.) Verflechtungen und Entkopplungen. Die Kombination von sich ergänzenden disziplinären Ansätzen unterstreicht den innovativen Charakter unseres Vorhabens.